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Schieffer, Rudolf, Väter und Söhne im Karolingerhause

Aufsatzzusammenfassung: Rudolf Schieffer, Väter und Söhne im Karolingerhause, in: Beiträge zur Geschichte des Regnum Francorum (BdF), Bd. 22, Sigmaringen 1990, S. 149 – S. 164.

Das zentrale Thema des Aufsatzes „Väter und Söhne im Karolingerhause“ von Rudolf Schieffer ist die Skizzierung der Verhaltensweisen der Karolinger in bezug auf die Nachfolgeregelung ihrer Herrschaft. Der Autor untersucht, in wieweit die Herrschaft glatt oder mit Komplikationen vom Vater auf den Sohn oder die Söhne übergeben wird. So gibt es während der Dynastie der Karolinger sowohl legitime und illegitime Nachfolger, als auch Kämpfe unter den Söhnen eines Regenten um die Nachfolge.
Der zeitliche Rahmen seiner Untersuchung liegt zwischen Arnulf von Metz (gestorben um 640) und Ludwig V. (gestorben 987).

Die Herrschaft  der Karolinger endet mit dem Tode Ludwigs V. auf natürliche Weise, im Gegensatz zur Herrschaft der Merowinger. Die Karolinger ließen die Herrschaftsfolge nie einreißen: Wenn keine legitimen Söhne mehr lebten, wurden nötigenfalls auch illegitime Söhne in die Herrschaftsfolge einbezogen (als Beispiele nennt der Autor hier Karl Martell, Arnolf von Kärnten und auch, allerdings in einer besonderen Rolle, Karl den Einfältigen).
Für die Autorität, den Handlungsspielraum und für das Ansehen des Regenten war es wichtig, männlichen Nachwuchs zu haben, um den Anspruch sowohl auf die eigene als auch auf die Regentschaft des Hauses zu sichern und den Großen des Reiches die Kontinuität der dynastischen Herrschaft aufzuzeigen. Als Gegenbeispiel führt der Autor Lothar II. (keine legitimen Erben), den kinderlosen Karl von der Provence und Ludwig II., der Vater zweier Töchter war. Auch Karl der III. und Ludwig das Kind zählt Rudolf Schieffer zu den Königen, die die Herrschaft nicht an einen Sohn weitergeben konnten.
Allerdings gab es auch einige Karolinger, die erst nach vielen Jahren legitimen männlichen Nachwuchs hervorbrachten; der Autor vertritt die These, dass mit der Geburt eines legitimen Sohnes ein politischer Machtgewinn verbunden ist. Der Autor belegt dies mit den Regenten Karl dem Einfältigen, Ludwig IV. und Lothar, die über mehrere Jahre ohne einen legitimen Nachfolger regierten.

Von der These ausgehend, dass Söhne geeignet sind, die Herrschaft des Vaters zu festigen im Vergleich zu sohnlosen Regenten, untersucht der Autor die frühere karolingische Familiengeschichte. So führt er als Beispiel die Erbteilung von 806 an, in der Karl der Große noch seinen sohnlosen Sohn Karl den Jüngeren vor seinen anderen Söhnen, die Nachkommen haben, scheinbar bevorzugt, aber nach Annahme des Autors Karl der Große die Erbteilung einer späteren Regelung von selbst innerhalb der Familie überlässt, da die anderen Söhne einen Anspruch auf ihr Erbe durchsetzen werden. Auch die Doppelregierung der beiden Hausmeier Karlmann und Pippin zieht er als Beispiel heran, da er vermutet, dass mit der Geburt des späteren Kaisers Karl des Großen die Königsambitionen Pippins gesteigert wurden. Als Schlussfolgerung stellt der Autor fest, dass es für einen Herrscher offensichtlich von Vorteil war, wenn er über einen legitimen Nachfolger verfügte.

Die Geburt eines Sohnes werde von zeitgenössischen Quellen allerdings nur relativ selten vermerkt. Dennoch sind einige Geburten eines Königssohnes in den Quellen vermerkt: Die Geburt Karl des Großen und Karlmanns, Karls des Kahlen, Karl des Einfältigen sowie Ludwig des Kindes. Der Autor vermutet, dass der Zusammenhang dieser Nennung in den Quellen darin liegt, dass damit die bestehende Nachfolgeregelung des Regenten gestört worden sein, bzw. außer kraft gesetzt worden sei. Die Tatsache der Geburt könnte einen möglichen Konfliktfall um die Nachfolge darstellen. Aber ein legitimer Nachfolger sei laut Autor auch ein Ausdruck für die Lebendigkeit und die Zukunftsträchtigkeit des Herrscherhauses.

Als politischen Rückschlag, ja sogar als Bedrohung der Herrschaftsnachfolge trete der Tod eines Königssohnes in den Vordergrund; vor allem sei der Verlust für den Regenten bedrohlich, wenn es sich um den einzigen Nachfolger handele, und damit die Herrschaftsübergabe innerhalb der Regentenfamilie nicht mehr möglich werde. Allerdings gibt es auch den Fall Karl des Kahlen, der zwei seiner vier ehelichen Söhne ins Kloster schickt und somit faktisch von der Nachfolge ausschließt.

Schon in ihrer Kindheit wurden die jungen Königskinder in die Herrschaftspraxis durch Miterleben eingeführt. So nahmen viele Königskinder an der Seite ihres Vaters an Kriegen teil oder führten sogar selbständig ein Heer im Auftrage des Vaters, nachdem sie in ihrer Jugend eine Reit-, Jagd- und Waffenausbildung erhalten hatten. So hat unter anderem Pippin seine Söhne Karl den Großen und Karlmann auf Feldzüge mitgenommen, und alle drei Söhne Ludwigs des Deutschen waren mit der Slawenabwehr beauftragt. Der Autor stellt aber fest, dass dies keine feste Regel sei, sondern dass es immer wieder Fälle gab, da Königskinder erst nach ihrem Herrschaftsantritt in Erscheinung getreten sind – zumeist sind dies aber noch minderjährige oder illegitime Söhne.

Eine übliche Form der Einführung in die Herrschaftspraxis war die Vergabe eines Unterkönigtums an den oder die Nachfolger; seit 781 hatten die minderjährigen Pippin und Karlmann als erste Karolinger ein Unterkönigtum inne. Gleichzeitig sollte die Vergabe eines Unterkönigtums auch die Legitimation und Bestätigung des Thronfolgeanspruchs darstellen. Der Autor stellt fest, dass alle Karolinger bei der Nachfolgeregelung von einem Herrschaftsrecht kraft Geburt aller legitimen Söhne ausgingen.

In der Frühphase der Karolingerherrschaft gibt es laut Autor keinen bekannten Streit zwischen Vater und Sohn/Söhnen  um die Herrschaft, wie er besonders markant in den Bruderkriegen ab 830 hervortrat. Er vermutet, dass es zuvor als Tabu und ungeschriebenes Gesetz galt, sich gegen den regierenden Vater aufzulehnen.

Eine Pflicht der Nachfahren des Königs war es, für die Seele des Verstorbenen zu beten. Rudolf Schieffer stellt heraus, dass mit dieser Verpflichtung auch gleichzeitig der eigene Herrschaftsanspruch verdeutlicht werden sollte.


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Stand: 27-09-2001