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Thompson: Moralische Ökonomie...

Universität Hannover
Institut für Politische Wissenschaft
Einführung in die Politische Wissenschaft: Politische Soziologie
Dozent: Heiko Geiling
Referenten: Konstanze Spohrer, Matthias Frederichs, Serkan  Ozlu, Axel Ufermann
Datum: 26. Juni 2001

Edward P Thompson: Die Moralische Ökonomie der englischen
Unterschichten im 18. Jahrhundert (Kap. VII - IX)



Ausgangsfrage: Haben die Aktionen des Volkes erfolgreiche Auswirkungen gehabt?

· Unmittelbarere Erfolge nicht nachweisbar; es gibt Beispiele für und gegen Preissenkungen in „aufruhrgeschädigten“ Gebieten
· Aber: Allein das Bewusstsein um mögliche Unruhen hat sehr wahrscheinlich positiv gewirkt

These des Autors: Ohne die Bedrohung durch Aufruhr wären die Preise noch höher gewesen.

Begründungen für diese Annahme:

· Die Obrigkeit war nicht interessiert an „Unruhen“, da sie eine tiefgreifende Störung des Gemeinwesens mit jahrelangen Folgen bedeuteten, auch deshalb, weil es bedeutende Schwierigkeiten bei der Bekämpfung gab.

 Bemühungen der Behörden Aufständen vorzubeugen oder sie im Keim zu ersticken durch:
- Ermahnungen
- Konzessionen/ Verhandlungen über Preise
- Bemühungen von Landbesitzern und Friedensrichtern um Schlichtung

Zusammenfassend war die Bereitschaft zum Aufruhr wohl erfolgreich um:
· Steigende Preise zu bremsen
· Korn auf den Markt zu bekommen
· Die Reichen zu ermahnen, wieder karitative Leistungen zu erbringen

Politische Absichten können sich in Pamphleten zum sozialen Protest unterschiedlich  ausdrücken:
1) in rebellischen (theatralischen) Äußerungen (Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts)
2) in Äußerungen mit jakobinischer Tendenz (Ende des Jahrhunderts; zur Zeit der Franz. Revolution)
Insbesondere durch die „Industriellen Revolution“ entstand mehr Raum für neue Aktionsmuster des Aufruhrs, was folgendes Beispiel zeigt:
1812 überlappen Lebensmittelunruhen (traditionelle Form des Aufruhrs der Landwirtschaft) und Luddismus (unzufriedene aufständische Arbeiter / britische Maschinenstürmer) einander.

Das Ende des Paternalismus lässt sich anhand von zwei Gründen erklären:
1.) Der Anti-Jakobinismus der Gentry (niederer eng. Adel; Großgrundbesitzer) ließ
      eine Furcht des Volkes vor jeder selbständigen Aktivität entstehen.
2.) Die Unterdrückung individueller Entfaltung und die Solidarität der Herrschenden mit dem „Einsatz von Kapital“ stellte für die Zentral- und viele Lokalbehörden den Triumph der neuen politischen Ökonomie dar.

Intention des Aufsatzes:
Die Darstellung sollte einen ungewöhnlichen Blickwinkel öffnen, nämlich die Beschreibung eines Verhaltensmusters während des Zeitraumes. Edward P. Thompson versucht den Übergang von „moralischer" zu „politischer" Ökonomie, in der Zeit zwischen dem 17. und 19.Jahrhundert , zu erläutern: Er benutzt Auszüge aus historischen Texten, die verdeutlichen sollen, dass jener Übergang oft zu kurz dargestellt wird.

Book of Orders, 1630:
 Moralisches Gebot als integraler Bestandteil von Notmaßnahmen
(aber: kontinuierlicher Rückgang solcher Forderungen)
Im „Book of Orders“ von 1630 seien diese Vorstellungen von Recht formuliert: Reichen Händlern wurde der Lohn Gottes für „christlichen Barmherzigkeit" versprochen, andernfalls bezeichnete man sie als „Menschenhasser" oder „Feinde sowohl Gottes als auch der Menschen[...]".

„Die alte moralischen Lehren wurden immer mehr zwischen der paternalistischen Gentry auf der einen und der rebellischen Plebs auf der anderen Seite aufgesplittert.“ (S. 126)

Im 18. Jahrhundert bedeutete eine Teuerung eine wirkliche Teuerung
Hohe Preise:
· Geschwollene Bäuche
· Kranke Kinder
· Teuerung löste auch teilweise Epidemien (wie Gelbsucht als Zeichen extremer Unterernährung) aus

Neu: Der Einkauf auf dem Markt wird in einer ausgreifenden Industriegesellschaft anonym

Ein für die Armen unbezahlbar, hochgetriebener Preis galt als „größte Ungerechtigkeit, der ein Mensch sich schuldig machen kann." Er sei „grausamster Mord". Eine Preissteigerung  habe damals jedoch auch, anders als heute akute Not vieler Menschen bedeutet. Als Folge extremer Unternährung sei „Gelbes Fieber" unter den Arbeitern ausgebrochen.
Teuerung bedeuten einen psychischen Schock, der sich schnell in Wut umschlagen konnte.

These:
Im 18. Jahrhundert bleibe der Markt sozialer und ökonomischer NEXUS (selbst in den Industriegesellschaften folgte die Zeit dem Rhythmus der Jahreszeiten und nicht der Bank).

--> Zeitalter der landwirtschaftlichen Modernisierung

„Der Durchbruch der neuen politischen Ökonomie des freien Marktes war zugleich der Zusammenbruch der alten moralischen Ökonomie der Fürsorge.“ (S. 129)

Relikte der moralischen Ökonomie: Karitativität und Speenhamland-System

Der Markt sei nicht nur der Ort an dem die Arbeiter am häufigsten spürten wie sehr sie der Ausbeutung ausgeliefert waren, sondern auch ein Ort an dem sie sich sammelten, Informationen austauschten und organisierten. Es sei zu Revolten gekommen ,der eine Symbolik um Blut und Brot als Emblem diente. Trotz der Kämpfe habe der Durchbruch der „politischen" Ökonomie des freien Marktes, einen Zerfall der „moralischen" Ökonomie der Unterschichten bedeutet. Ihr endgültiges Erlöschen zeige sich in unserem Bild, einem Produkt der politischen Ökonomie, das einen Lebensmittelaufstand  als irrationalen Reflex auf Hunger reduziert.
 

Thesen:

· Das Aktionsmuster des Aufruhrs ist vergleichbar mit dem heutiger Gewerkschaften/Bürgerinitiativen

· Die Aufstände des 18. Jahrhunderts erzielten langfristig keine Verbesserung


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Stand: 27-09-2001